Nach dem sich die Weiterbildung in der AMS-Ausgabe 01/2013 und 02/2013 ausführlich mit der Einführung in die Rohstoffgewinnung beschäftigt hat und mit dem Thema „Abbau fester mineralischer Rohstoffe im untertägigen Bergbau“ abgeschlossen wurde, widmet sich die Weiterbildung der aktuellen AMS-Ausgabe der Einführung in die Tagebautechnik und erläutert in den nachfolgenden Abschnitten die Lagerstättenspezifische Merkmale und deren Einfluss auf die Tagebautechnik.
Die Realisierung eines Rohstoffprojektes setzt eine umfassende Planung voraus und stellt sowohl einen projektvorbereitenden Prozess, als auch ein dynamisches, kontinuierliches und projektbegleitendes Element dar. Dabei muss der Planungsrahmen an die jeweiligen Projektphasen zeitlich abgesteckt bzw. angepasst und zugleich organisatorisch flexibel gestaltet werden. Die Planung und Projektierung von Rohstoffbetrieben sind somit immer auf die Zukunft gerichtet und beinhalten unter anderem die systematische Suche und Festlegung von Unternehmenszielen sowie die Vorgabe von Solldaten, deren Einhaltung bzw. Erreichung Ziele der Planung sind.
Tagebautechnik ist die Gesamtheit aller technischen Maßnahmen und Mittel zur Gewinnung fester mineralischer Rohstoffe im Tagebau. Der Tagebau wird als ein Bergbaubetrieb definiert, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die über dem zu gewinnenden Mineral anstehenden Deckgebirgsschichten und das Mineral selbst in einer offenen Baugrube gewonnen werden.
Gegenüber einem Tiefbaubetrieb weist ein Tagebau folgende Vorteile auf:
Nachteilig wirken sich die Klimaabhängigkeit, die Notwendigkeit der Bewegung von größeren unproduktiven Massen bei Tagebauen mit hoher Abraumüberdeckung und schließlich die Inanspruchnahme von Land und die damit einhergehenden totalen Bergschäden aus.
International werden rund 80% aller mineralischen Rohstoffe im Tagebau gewonnen.
Der technische Entwurf des Abbaus von mineralischen Rohstoffen im Tagebaubetrieb wird als Tagebauprojektierung definiert. Die Zielsetzung dabei ist die Schaffung eines Instrumentariums zur Durchführung eines technisch und wirtschaftlich optimalen Rohstoffabbaus unter Berücksichtigung umweltrelevanter Aspekte.
Die Projektierung soll anhand der zu erstellenden Planungsgrundlagen die Durchführung von Tagebauprozessen derart ermöglichen, dass die spezifischen Kosten je Tonne Wertmineral kalkuliert und gemäß der vorherrschenden Randbedingungen minimiert werden können.
Die Tagebauprojektierung umfasst mehrere Etappen und stellt einen iterativen Prozess dar. Ende der 70er-Jahre wurde von GOERGEN, HUPP und STOLL eine Systematik für einen folgerichtigen Gang der Tagebauprojektierung aufgestellt. Diese nachstehend aufgelisteten Schritte besitzen in ihrem Grundsatz noch ihre Gültigkeit und können für heutige Projekte ebenfalls angewandt werden. Dabei ist jedoch anzumerken, dass die Projektierung stets so abläuft, dass auch mehrere Planungsschritte parallel bearbeitet werden können.
1. Erfassung äußerer Einflussfaktoren
2. Erfassung wirtschaftlicher Projektdaten
3. Erfassung detaillierter Lagerstätteninformationen
durch Prospektion und Exploration
4. Bestimmung der optimalen Feldesgröße
5. Massenberechnung (nach Qualitäten getrennt)
6. Bestimmung von Betriebsgröße und Lebensdauer
7. Wahl des Abbauverfahrens und der Abbauführung
8. Wahl des Tagebauzuschnitts und dessen wesentliche Einflussgrößen
9. Aufschlussplanung
10. Betriebsmittelauswahl
11. Entwässerung
12. Ermittlung von Abbau- und Kippenständen
13. Bestimmung des kritischen Tagebaustands
14. Bevorratung
15. Bergschäden
16. Landschaftsgestaltung
17. Plankostenrechnung
Im Rahmen der vorliegenden Vorlesungsschrift werden ausgewählte Projektierungsschritte detailliert beschrieben.
Die räumliche Lage des Wertminerals in der Erdkruste, seine Form, seine Erstreckung, seine Teufelage und schließlich die Morphologie des Abbaufeldes bestimmen die Möglichkeiten der Schaffung eines Zugangs zu einer Lagerstätte.
Flözartige, flach gelagerte Lagerstätten können nach Beräumung der Überdeckung bzw. des Abraums flächenhaft abgebaut werden. Die Abmessungen des Abbaufeldes in der Länge und Breite sind verhältnismäßig groß gegenüber der angestrebten Endteufe. Bei dem so genannten flächenhaften Abbau werden die gewonnenen Massen in der Regel entgegen der Schwerkraft bis zur Aufbereitung bzw. Weiterverarbeitung transportiert (Förderbezugspunkt). Während die Abraummassen in der ersten Entwicklungsphase des Tagebaus aus dem Tagebauraum heraus transportiert und außerhalb verkippt werden müssen, können aufgrund der zeitlichen Entwicklung des Abbaus und der damit einhergehenden Schaffung von Freiräumen, Teile des Abraumes innerhalb des Tagebaus verkippt werden. Dementsprechend sind als Merkmale dieser Abbauart das Anlegen einer Außen- und Innenkippe sowie das Verbleiben eines Restraumes zu verzeichnen.
Der Zugang und die Gewinnung von Flözen in steiler Lagerung bzw. von steilen Erzgängen und -stöcken erfordert eine Abbauentwicklung nach der Teufe. Die flächenhafte Ausdehnung des Abbaus ist verhältnismäßig gering. Die gewonnenen Massen werden entgegen der Schwerkraft zur Rasensohle bzw. zum Förderbezugspunkt transportiert. Das Anlegen einer Innenkippe ist sehr schwierig und nur bei bestimmten Voraussetzungen zu realisieren. Als Merkmale dieser Abbauart, die auch als Abbau nach der Teufe bezeichnet wird, gelten das Anlegen von Außenkippen und das Verbleiben eines relativ großen Restraumes.
Befindet sich eine Lagerstätte innerhalb einer topographischen Erhebung, z. B. in einem Hang oder Hügel, so ist das Vorgehen der Abbauentwicklung umgekehrt zum Abbau nach der Teufe. Hier werden die gewonnenen Massen von oben nach unten auf die Förderbezugsebene transportiert.
Je nach Ausbildung der Lagerstätte sind Kombinationen aus den genannten Abbauarten möglich.
Innerhalb der dargestellten Abbauarten können unterschiedliche Systeme zur Gewinnung des Abraums und des Wertminerals angewandt werden. Die Auswahl richtet sich zum einen nach geologischen und petrographischen Eigenschaften des Gebirges und zum anderen nach den betrieblichen Randbedingungen wie Selektivität und Qualitätssteuerung. Zudem haben raumbedeutsame und umweltrelevante Aspekte, wie Lärm- und Staubentwicklung bzw. Nachbarschaftsschutz einen Einfluss.
Wird die Gewinnung über einen längeren Zeitraum auf einer Ebene vorgenommen, so wird dies als Scheibenabbau bezeichnet. Dieses Abbauverfahren wird bei homogenen Lagerstätten angewandt. Werden mehrere Abbausohlen gleichzeitig, relativ zueinander fortentwickelt, wird das Abbauverfahren als Mehrsohlenabbau bezeichnet. Werden mehrere Sohlen in einem Arbeitsgang als Gruppe in die Gewinnung einbezogen, so handelt es sich um Gruppenabbau. Dieses Abbauverfahren ist auf Festgesteinstagebaue beschränkt, bei denen kein Konfliktpotential hinsichtlich des Umwelt- und Nachbarschaftsschutzes existiert.
Bei Lagerstätten mit flacher Lagerung und geringer Abraumüberdeckung kann bei der flächenhaften Abbauart die Lagerstätte systematisch in einzelnen Streifen in Angriff genommen werden. Dabei wird der Abraum derart entfernt, dass das Wertmineral entlang eines Streifens freigelegt und gewonnen werden kann. Die gewonnenen Abraummassen werden innerhalb des zuletzt gewonnenen Streifens verkippt. Diese Vorgehensweise wird als Streifenabbau bzw. Strip Mining bezeichnet.
Die prinzipielle Art des Fortschreitens der Gewinnungsfront über einen längeren Zeitraum wird als Abbauführung definiert. Bei einem Parallelabbau schreiten die Strossen der Gewinnungs- und Verkippungsseite parallel zueinander in Abbaurichtung fort. Der Abbaufortschritt ist an beiden Strossen gleich groß.
Bei einem Schwenkabbau werden die Abbau- und Kippenstrossen um einen Drehpunkt geschwenkt. Der Abbaufortschritt am Drehpunkt ist Null. Er nimmt am Strossenende seinen maximalen Wert an. Der Weitungsabbau wird bei Lagerstätten mit einer sehr heterogenen Wertmineralverteilung angewandt. Bedingt durch die erforderliche Qualitätssteuerung bzw. die Gewinnung von reichen Erzpartien wird von einem Aufschluss aus der Abbau in verschiedene Richtungen in Abhängigkeit der Lagerstätte weiterentwickelt
[1] Reuther, E.-U.: Lehrbuch der Bergbaukunde
[2] Atlas Copco: Underground Mining Methods – Mining Methods case studies, a technical reference edition,Fotomaterial: http://web.uct.ac.za/depts/geolsci/dlr/hons2000/
[3] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Verschiedene Artikel und Publikationen
[4] GibGas – Fahren mit Erdgas: Internetpräsenz http://www.gibgas.de/german/fakten/naturstoff_erdgas.html
[5] Bay. Sand- und Kiesindustrie: Schriftenreihe der bayrischen Sand- und Kiesindustrie, Heft 2
[6] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Dr. Michael Kosinowski, Tendenzen auf dem Rohstoffmarkt eine Analyse der BGR
[7] Deutsches nationales Komitee des Weltenergierates: Energie für Deutschland – Fakten, Perspektiven und Positionen im globalen Kontext 2002
[8] DEBRIV: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 2003
[9] World of Mining Surface and Underground: Die Verfügbarkeit von Rohstoffen – insbesondere von fossilen Energieträgern, 04/2004
[10] Verein der Kohlenimporteure: Jahresbericht 2003
[11] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Rohstoffwirtschaftliche Studie, 2002
[12] DEBRIV: http://www.debriv.de/zahlen/folien/grafik09.pdf
[13] Statistik der Kohlenwirtschaft e.V.: http://www.kohlenstatistik.de/ftp/BK-WELT.XLS
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[15] USGS – United States Geological Survey: Iron Ore – Statistics and Information, Mineral Commodity Summaries 2005
[16] International Aluminium Institute: Aluminium production - www.world-aluminium.org/ production/
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[18] Volker Lukas: Kali- und Steinsalz in Deutschland, Akademie der Geowissenschaften, Hannover, 2002, Veröffentlichung 20, (2002), S. 54-62
[19] IG BCE: Bericht I/2004, Kalibergbau und weiterer Nichtkohlenbergbau
[20] Deilmann-Haniel: Internetpräsenz der Firma Deilmann-Haniel, http://www.dh-ms.com
[21] Thyssen-Schachtbau: Thyssenschachtbau-Report 2004
[22] Thyssen-Schachtbau: TS Schachtbau und Bohren, Internetpräsenz http://www.schachtbau-bergbau.de/
[23] RKK-Soilfreeze Technology: About Ground Freezing, www.cryocell.com/AboutGF.html
[24] Deilmann-Haniel: Herstellung einer Wetterbohrung auf der Schachtanlage Heinrich Robert, Zeitschrift Unserer Betrieb, April 1992,
[25] Herrenknecht: Datenblatt VSM 8000 Shaft sinking machine 11/2004
[26] Orica: Internetpräsenz der Firma Orica, http://www.oricaminingservices.com
[27] DBT: Internetpräsenz der Firma DBT, www.dbt.de, Broschüre DBT Diesel FBR-15 Coal Hauler
[28] Atlas Copco: Internetpräsenz der Firma Atlas Copco, Photoarchiv, http://www.atlascopco.com
[29] Kali und Salz: Internetpräsenz der Firma K+S, Pressefotos, http://www.k-plus-s.com
[30] Deutsche Steinkohle AG: Internetpräsenz der Firma DSK, Bildarchiv http://www.deutsche-steinkohle.de
[31] Betek: Internetpräsenz der Firma Betek http://www.betek.de/
[32] Eickhoff: Bildmaterial der Firma Eikhoff Bergbautechnik GmbH
[33] Wirth: Internetpräsenz der Firma Wirt, http://www.wirth-europe.com, Broschüre RM T 1.24
[34] Parallelgraphics: Bildmaterial der Firma Parallelgraphics, http://www.parallelgraphics.com
[35] Voest Alpine Bergtechnik: Internetpräsenz der Firma Voest Alpine Bergtechnik http://www.vab.sandvik.com, Bildmaterial ASVA
[36] Herrenknecht: Internetpräsenz der Firma Herrenknecht http://www.herrenknecht.com
[37] Geo Kompakt: Geo Kompakt, Nr. 1, 2004, Die Geburt der Erde, Vom Werden und Vergehen der Gesteine, S. 89
[38] Steinkohle-Portal: Internetpräsenz http://www.steinkohle-portal.de
[39] DBT: Internetpräsenz der Firma DBT, www.dbt.de
[40] Halbach & Braun: Internetpräsenz der Firma Halbach und Braun, http://www.halbach-braun.de/
[41] Mining Magazine: Mining Magazine, Ausgabe Februar 2005 http://www.grundwasser-online.de
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Hossein H. Tudeshki studierte am Mining College of Schahrud, Iran. Nach mehrjähriger Tätigkeit in der Bergbauindustrie absolvierte er 1989 das Bergbaustudium an der RWTH Aachen. Von 1992 bis 2001 war er Oberingenieur am Institut für Bergbaukunde III der RWTH Aachen mit dem Arbeitsschwerpunkt Tagebau und Bohrtechnik. Er promovierte 1993 und habilitierte sich 1997.